CHRONIK

Kunstfestival Helgoland 2001: "Kunst ist eine Insel"

- Ein außergewöhnliches Kunstereignis mit vielen Facetten -

Helgoland 30. Juni bis 26. August 2001

Seit dem 30. Juni und noch bis zum 26. August 2001 setzt die Künstlergruppe PARADOX mit dem Kunstfestival "Kunst ist eine Insel" Akzente auf Deutschlands einziger Hochseeinsel Helgoland, die sich innerhalb dieser Veranstaltung nicht nur als Bühne und Spiegel für aktuelle, zeitgenössische Kunst präsentiert. Gemäß ihrem Grundsatz, die bildenden und darstellenden Künste einander zu verbinden und sich befruchten zu lassen, bietet die Künstlergruppe ein Rahmenprogramm, das u.a. von phantastischer elektronischer Musik, Blues & Gospel, Couplets von Otto Reutter über Autorenlesungen, Zauberei, Malkursen bis zu Performance und Bauchtanz reicht. Inzwischen ist die Halbzeit überschritten und als Resümee bleiben für die Besucher der Veranstaltungen unvergeßliche Erlebnisse wie 

der Auftritt der Gruppe Helgoland aus Hamburg, die ausgeflippte Lesung von Roger Trash, die furiose Darbietung von Jacques Oerter, das kraftvolle Zusammenspiel von Claudia Zinserling und Dora Michel mit ihrer gewaltigen Stimme und der Blues-Rock von Red House. Im Grunde gibt es kaum ein Ereignis hervor zu heben, alle Angebote stehen gleichberechtigt zueinander, und wer das nicht glaubt, sollte z.B. die Teilnehmer des Malkurses von Kirsten Füllkrug aus Berlin fragen, wie wohl sie sich in ihrer Obhut gefühlt haben. Im großen Ganzen hat dies Kunstfestival nicht nur die Insulaner begeistert, sondern brachte auch viele Gäste vom Festland auf die Insel, die z.B. über die Presse oder das Internet von dem Ereignis gehört hatten.
Kern der Veranstaltung bleibt natürlich die Ausstellung mit den internationalen Künstlern der Künstlergruppe PARADOX, sei es der russische Künstler Gennadij Gorbatyi im Hotel Insulaner oder die chinesische Künstlerin Gu Yingzhi mit ihren Kalligraphien im Kurmittelhaus "La mer". Wer außergewöhnliche Materialcollagen sehen will, sollte ins Restaurant "Wiesbaden" gehen, wo Barbara Roepke ihre Arbeiten plaziert hat. Sehenswert ist die gesamte Ausstellung, seien es die Skulpturen von Günter Hohl in der Nordsee-Halle und in der Nicolai-Kirche, die Aquarelle von Kirsten Füllkrug im Seehotel, die Naturcollagen von Reinhard Geßler im Haus Dünenblick, die expressiven Bilder von Ekkehard Stoevesand im Kurmittelhaus "La Mer" oder die kosmischen Bilder von Julia Wagner im Rathaus. Besondere Aufmerksamkeit fanden die Bilder von Marina Baron, die das Thema sexueller Missbrauch von Frauen behandeln - sie mussten im Rathaus abgehängt werden (auf Beschluss des Personalrats) und können nun im Foyer der Paracelsus-Klinik auf Intervention des Chefarztes Dr. Siegismund dort betrachtet werden.

Einen Bezug zur Insel und der Geschichte stellen die Installationen von Charlotte Forster und Claude Stockinger sowie Manfred Schaller her. Charlotte Forster schuf in einem Raum im Gebäude des "Marinas" eine Installation mit 234 Spielzeugeimerchen unterschiedlicher Größe in den Farben blau, weiß rot, die auf dem Boden stehend die Form der britischen Fahne bilden. Die Eimerchen sind mit "sturmerprobten" Sand der Insel gefüllt. Über zwei Diaprojektoren wird an eine Wand das Bild einer durch Krieg zerstörten Landschaft und einer Hochsee-Welle projeziert. Auf einem Laptop laufen als Textanimation bekannte Kinderlieder des Autors des Deutschlandliedes, Heinrich Hoffmann von Fallersleben, der den Text 1841 auf Helgoland schrieb. Eine Abschlußperformance ist am

24. August von ca. 10.30 bis 11 Uhr geplant: Kinder von der Insel werden die Arbeit auflösen und holen sich die Eimerchen ab. Diese Aktion soll eine Metapher dafür sein, dass die Zukunft in den Händen unserer Kinder liegt.

Manfred Schaller und Claude Stockinger setzen ihre Installation in Bezug zum 175-jährigen Jubiläum der Insel als Seebad. Hinter der Lesehalle schufen sie ein begehbares Kunstwerk, das aus vielerlei Teilen besteht, die sie emsig auf der Insel gesammelt haben. Das reicht von alten Zangen über einen Grabstein bis zu einer verrosteten Seetonne, die wie eine Bombe aus dem Erdboden ragt und an die Schattenseiten erinnert, die die Insel durch den Krieg erlebt hat. Aber auch Helgoländer steuerten geschichtsträchtige Dinge bei und die Kinder freuten sich, ihre am Strand gesammelten Steine in einem alten Hummerkorb zu finden. Die gesamte Installation ruht zwischen vier Stämmen und fordert zum intensiven Sehen und Entdecken heraus.

Ab 16. August wird B.J. Antony seine Skulpturengruppe "Die sieben Todsünden" hinten im Sprengungskrater des Mittellandes aufrichten, die er trotz aller Organisationsarbeit für das Kunstfestival inzwischen fertig gestellt hat. Der Standort wurde ganz bewusst gewählt, weil, wie Bürgermeister Frank Botter so treffend formulierte, "der Krater schon eine Todsünde an und für sich ist".

Abgeschlossen wird das Kunstfestival mit einem Abend voller Überraschungen am 26. August 2001 ab 20 Uhr draußen auf dem Gelände des Schwimmbad-Cafés. Nicht nur, was die Gewinner aus der Verlosung von originalen Kunstwerken der teilnehmenden Künstler betrifft, die an diesem Abend gezogen werden, sondern auch die bewusst noch nicht bekannt gegebenen Überraschungsgäste, die das anspruchsvolle Programm bereichern. Freuen dürfen sich alle Besucher schon jetzt auf den Butoh-Meister Tadashi Endo mit seiner Performance, Rock und Poesie mit dem Lebenskünstler und Kneipenpoeten Roger Trash, Wortspielereien der besonderen Art, vorgetragen von Geßler von der Gose und dem sehenswerten Bauchtanz von Sharifa, der die Leichtigkeit des Seins reflektiert.

Auch wenn damit das zweite Kunstfestival auf Helgoland damit zu Ende geht, die Künstlergruppe PARADOX wird der Insel weiterhin verbunden bleiben. Schon im nächsten Jahr sind weitere Aktionen in der Hummerbude am Binnenhafen geplant, die als ständiger Anlaufpunkt für die Künstlergruppe bestehen bleibt. Und wenn alles nach Plan verläuft, heißt es 2004 wieder: Kunst ist eine Insel. Helgoland jedenfalls ist auf dem bestem Wege, seinen Ruf als Insel für anspruchsvolle, zeitgenössische Kunst zu verfestigen. Dies zeigt sich letzten Endes auch in der Tatsache, dass viele Gäste extra wegen des Kunstfestivals angereist sind - viele davon gaben an, das Ereignis auf der WebSite unter http://www.kunstfestival-helgoland.de gefunden zu haben.

copyright: 1997-2002 B.J. Antony

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