CHRONIK

B.J. Antony und die 7 Todsünden auf Helgoland

- Der Künstler aus Lohra errichtete eine Skulpturengruppe auf der Nordseeinsel -

Weit sichtbar ragen die mächtigen Baumstämme vor dem Hintergrund des grün bewachsenen Hanges des Sprengungskraters auf Helgoland aus dem Boden. Die 7 Todsünden: Unersättlichkeit, Habgier, Neid, Stolz, Zorn, Wollust und vor der gesamten Gruppe liegend die Trägheit. Der Künstler B.J. Antony aus Lohra (Rodenhausen) stellte sich innerhalb des Kunstfestivals "Kunst ist eine Insel", das von der Künstlergruppe PARADOX durchgeführt wurde, mit seiner ersten Skulpturengruppe einer höchst interessanten Aufgabe.

Die Stämme fand er vor Ort, ausgediente Schwimmfender, die vom Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA) gestiftet wurden. Sorgfältig und mit viel Überlegung wählte er sie nach ihrer natürlich vorhandenen Ausstrahlung aus und ordnete sie ihrem jeweiligen Thema zu. Eine partielle Farbgebung unterstreicht die Aussage der einzelnen Skulpturen, die von ca. 3 m bis 6 m hoch sind, und bringt sie zur endgültigen Wirkung.


Im Jahr 2002 wird B.J. Antony nochmals auf die Insel reisen und der Gemeinde Helgoland seine Installation offiziell schenken.

Schwimmfender oder auch Reibehölzer sind zwölf Meter lange Baumstämme von bis zu 50 cm Durchmesser aus hartem Nadelholz, die im Wasser als Puffer zwischen Hafenmauer und Schiff fungieren. Sie liegen etwa ein Jahr im Hafenbecken, wenn sie ausgedient haben, kommen sie zur Entsorgung an Land. Vom Salzwasser, Holzwürmern und allerlei Meeresgetier zerfressen und von Anlegemanövern der Schiffe und Boote gezeichnet. Hier setzt das Konzept des Künstlers an: aus den nachhaltigen Spuren, die sich in den Stämmen finden und jedem einen eigenen Charakter verleihen, wurden die Skulpturen gemäß ihrem Thema sensibel heraus gearbeitet.

Nach dem letzten Weltkrieg versuchten die Engländer, die Insel Helgoland zu sprengen. Es gelang nicht, aber zurück blieb ein riesiger Sprengungskrater, das heute sogenannte Mittelland. Dort fanden die Skulpturen ihren optimalen Platz, denn wie der Bürgermeister von Helgoland, Frank Botter, dazu treffend

formulierte: "Dieser Krater ist eine Sünde an sich und da müssen die sieben Todsünden hin..."

Zwei Tage lang beschäftigte sich B.J. Antony mit der Auswahl der geeigneten Hölzer. Dann begann die Arbeit. Zunächst unterstützten die Mitarbeiter v om WSA Helgoland die Aktion. Ein Mann brachte die Stämme mit der Motorsäge auf die erforderliche Länge, ein anderer bediente den 40 t Kran, der sie auf die beiden flachen Hänger hob, die von der Fa. Löwenstrom zu Verfügung gestellt wurden. Auf Helgoland gibt es keine Autos, alles wird mit Elektro-Karren e rledigt. Und da es zum Mittelland ziemlich bergauf geht, wurden zwei E-Karren benötigt, um die schwere Last zu ziehen. Danach widmete der Künstler sich zunächst der farblichen Gestaltung der einzelnen Skulpturen.

Er verfuhr gemäß seinem Konzept, die Hölzer nur partiell mit Farbe zu bearbeiten, um ihren ursprünglichen Charakter zu erhalten und gab ihnen damit innerhalb einer Woche ihr endgültiges Gesicht. Soweit der kreative Prozess, aber Kunst ist auch mit ganz einfacher, profaner, körperlicher Arbeit verbunden. Mit dem Spaten schachtete Antony eigenhändig die Löcher aus, in die die Skulpturen verankert werden sollten. Und es gab Steine, Steine, Steine. Manche größer als das geplante Loch. Mit der Axt wurden sie mühevoll zerklopft. Der Künstler merkte dazu nur trocken an: "Jetzt weiß ich, wie man einen Fluchttunnel baut..." Die ersten beiden Skulpturen, der Zorn und die Wollust, wurden noch mit viel Mühe und Hilfe von kräftigen Helgoländer Fischern per Manneskraft aufgerichtet. Doch dann war angesichts des Gewichts und des Umfangs der Kran an der E-Karre der Fa. Löwenstrom gefragt, nicht ohne die Unterstützung von fünf Paar helfenden Händen. An dieser Stelle möchte der Künstler großen Dank sagen an alle, die zur Verwirklichung seiner Idee beigetragen haben.
 

Mit seiner Skulpturengruppe stellt sich B.J. Antony ganz bewusst einem zeitlosen Thema, das aber durch seine Zeit geprägt ist. Er will mit seiner Arbeit nicht nur Bedeutung und Sinn der 7 Todsünden aus heutiger Sicht hinterfragen, sondern auch, warum manche menschliche Perfiditäten wie z.B. Mord, Hass, Gewalt, Grausamkeit nicht dazu gehören. Seine Intentionen wurden bereits beim Aufbau erwidert. Fast alle Besucher, die spontan rieten, zählten tatsächlich Mord oder Töten zu den Todsünden und waren ganz erstaunt, falsch zu liegen.

Helgoland hat bewusst die Sprengungskrater im Mittelland und auch die Bombentrichter im Oberland belassen, um ein Mahnmal gegen den Krieg und seine Folgen zu setzen. Der Künstler ergänzt den Gedanken und läßt sein Werk mit voller Absicht im besonderen Ambiente dieser Insel stehen. ier, wo die Gewalt ihre Perversion fand, 1000 Bomber auf den kleinen Felsen los gingen und 6400 t Sprengstoff alle Zukunft beenden sollten. Der Wahnsinn geht weiter- World Trade Center und überall auf der Welt - die Kunst von B.J. Antony versucht in diesem Moment nur, einen Rest von Vernunft zu aktivieren.

copyright: 1997-2002 B.J. Antony

<Start> <Über uns> <Künstler> <Projekte> <China> <Art-TV> <Chronik> <Shop>