"K U N S T  I S T  E I N E  I N S E L" - Bilanz

1. August bis 30. September 1998

Das Künstlerfestival "Kunst ist eine Insel" schloß mit einer großen Finissage am 26. September in der Nordseehalle seine Aktionen auf Helgoland ab. Musik, Zauberer, Tanz und Kunst holten noch einmal aus zum großen Paukenschlag - doch wie fällt der Nachklang des Spektakels aus? Kehrt Helgoland zur Tagesordnung zurück oder hinterlassen die vielen Aktivitäten der Künstlergruppe PARADOX sichtbare und auch unsichtbare Spuren? So offensichtlich kunst- und kulturverbunden wie in den vergangenen Wochen präsentierte sich die Insel wohl noch nie. Fließende Grenzen

zwischen den Kunstbereichen: Performance, Live-Musik, Kabarett, Tanz, Straßentheater, Multivisionsshow standen neben Autorenlesung, Videokunst und Zauberei. Weithin sichtbare spektakuläre Installationen wie die Stiergruppe oder die Klammer, die den europäischen Gedanken symbolisiert. Alles regte an zum Sinnieren, Staunen oder auch Schimpfen, Aufregen. B.J. Antony, Kopf der veranstaltenden Künstlergruppe PARADOX ist zufrieden. Wie erhofft habe man Grenzen der Kunstbereiche aufsprengen können, manch spontanes Happening spreche für sich. Die Bilanz sei jedenfalls rundum positiv zu bewerten, nicht nur vom bundesweiten Medienecho, sondern auch vom regen Interesse der Besucher her.

Für zwei Monate bildete die gesamte Insel eine lebendige Galerie, dafür sorgten die insgesamt 35 Künstler von PARADOX, Maler, Bildhauer, Installationskünstler. Nicht nur in Innenbereichen wie öffentlichen Gebäuden, Hotels, Restaurants, Cafés oder Boutiquen, die an der Aktion teilnahmen, hinterließ die Kunst mit einer abwechslungsreichen Bilderausstellung ihre Spuren, sondern auch im Außenbereich über die gesamte Insel verteilt. Ob Oberland oder Unterland, ob am Leuchtturm auf der Düne, ob Mittelland oder Südstrand - es gab eine Menge außergewöhnlicher Projekte. Wie die überdimensionale Wäscheklammer von 900 kg Gewicht, von einem Nagel durchbohrt, auf dessen Spitze sie steht. Geschaffen von Jürgen Simon (Gelnhausen), der die 5 m hohe Installation lapidar "Europa" nennt und von Helgoland aus zunächst auf Europa- und dann auf Weltreise schickt, um den europäischen Gedanken zu verbreiten. Verschmitzt sammelt er Reaktionen und Unterschriften der Besucher, die mit auf Reisen gehen werden. Eine andere sehenswerte Installation stellten die Künstler Kai Georg Wujanz (Frankfurt) und Sylvia Reiser (Stuttgart) direkt am Südstrand der Insel auf: "Fahrendes Volk" heißen die fünf mächtigen Stiere aus Schiffstahl, mit schwarzem Bitumen gestrichen und teilweise galvanisch vergoldet. Bei Flut tauchten sie aus dem Wasser auf, als kämen sie grad aus dem Meeresgrund, bei Ebbe beherrschten sie den Strand, als wollten sie die Insel erobern. Sie sollten Symbol sein für die Besetzung der Insel durch fremde Kulturen: Stiere auf Helgoland? PARADOX. Die Gemeinde hat sie angekauft, inzwischen haben sie ihren festen Platz auf der Augustamole gefunden und dominieren das Entrée der Insel. Ein Zeichen für die Zukunft? Die Invasion der fremden Kulturen gelungen? Die Aktion ist nun vorüber, vieles wird inzwischen vermißt. So auch die "Kugelblitze" von Jörg Obenauer (Maintal), fünf große, transparente Bälle, bestückt mit 60 bis 80 speziellen Glühlampen, die extrem kurze Lichtblitze aussenden können. In der Dunkelheit ein faszinierendes, flirrrendes Schauspiel.

Durchgeführt wurde dies Projekt von der Künstlergruppe PARADOX in Zusammenarbeit mit der Kurverwaltung Helgoland als Träger der Veranstaltung. Schirmherr war der Bürgermeister der Gemeinde Helgoland, Franz Josef Baumann. Die gesamte Konzeption hat der Kopf der Künstlergruppe PARADOX mit viel ideellem Einsatz und konsequentem Wollen, aber geringen finanziellen Mitteln auf die Beine gestellt. Nicht nur der persönliche Einsatz der Künstler trug zum Gelingen der "Kunstmonate" bei, sondern auch die Unterstützung der Helgoländer, sei es durch Mithilfe, Rat und Tat, durch schalten von Anzeigen im Katalog der Künstlergruppe, stellen von Ausstellungsräumen, Übernachtungsmöglichkeiten oder Verpflegung für die Künstler. Die Volksbank Helgoland und die Kreissparkasse Pinneberg zeigten sich als Sponsoren, die Werbeagentur Schendel Design setzte sich für die Realisierung des Katalogs ein. Der Internet-Provider Novum Online aus Volkach sponsert die Internet Darstellung der Gruppe PARADOX, das Design der Seiten gestaltete in zeitintensiver Kleinarbeit Gisela Antony. Und ohne die begleitende Logistik wäre nichts möglich gewesen: die Reederei Warrings gewährte den beteiligten Künstlern freie Überfahrt mit ihren Seebäderschiffen von Bremerhaven und Wilhelmshaven. Das Frachtkontor Helgoland, Ingo Rickmers, brachte die enorm umfangreiche Fracht mit all den Kunstwerken uneigennützig und sicher mit seinem Frachtschiff nach Helgoland und wieder zurück. Auf der Insel verteilte der Taxi- und Gepäckdienst Peter Dirk bereitwillig mit seinen E-Karren die sensiblen Stücke an ihre Bestimmungsorte.

Von den Urlaubern und Inselgästen kamen durchweg positive Reaktionen. Ein solches Angebot hätte es schon viel früher geben müssen, erzählten Gäste, die schon jahrelang auf Helgoland Urlaub machen. Die Aufforderung, dies nochmal zu wiederholen, stand ständig im Raum. Ein gemischtes Echo fand sich bei den Insulanern selbst. Einige waren begeistert, andere konnten überhaupt nichts damit anfangen. Bürgervorsteher Horst Heikens bestätigte das breite Spektrum an Reaktionen unter den Insulanern, sieht aber grundsätzlich eine positive Einstellung. Kunst gewinne auf Helgoland an Stellenwert.

Was bleibt Helgoland nach dem zweimonatigen Künstlerfestival? Die Gruppe PARADOX hat in einer Hummerbude eine ständige Galerie eingerichtet, die mit wechselnden Ausstellungen verschiedener Künstler die Insel bereichern wird. Möglicherweise wird sich PARADOX die Nordseeinsel noch einmal in den nächsten Jahren als Ziel aussuchen. Es liegt bei den Insulanern selbst. Um die Jahrhundertwende war Helgoland der Treffpunkt für viele Kulturschaffende aller Art aus Deutschland. Aktionen wie "Kunst ist eine Insel" aber auch die aufstrebende Kulturszene und ihre Förderer vor Ort stimmen optimistisch. Ob die Insel an die Tradition anknüpfen kann, wird die Zukunft erweisen. Die ersten Schritte sind jedenfalls getan und Helgoland macht sich langsam wieder einen Namen...
 

B. J. Antony
Künstlergruppe PARADOX

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